UPDATE SAMSTAG FRÜH: Die Ankündigung von Gegenzöllen auf US-Importe durch China hat den jüngsten Ausverkauf an den New Yorker Börsen zum Wochenende noch einmal verschärft. Der DJ Industrial sackte erneut um weitere 5,50 % Punkte ab. Die hohen Verluste wurden von weit überdurchschnittlichen Handelsumsätzen begleitet, die wohl den Begriff „Ausverkauf“ rechtfertigen. Am Vortag war der weltweit wohl bekannteste Aktienindex bereits um 4 % gefallen, nachdem US-Präsident Donald Trump umfangreiche Importzölle angekündigt hatte. Er fiel am Freitag auf den niedrigsten Stand seit Mitte 2024. Mit einem Wochenminus von mehr als 8 % war es für den Dow Jones die verlustreichste Börsenwoche seit Jahren. Der von den großen Technologieaktien dominierte Nasdaq 100 büßte rund 6 % ein und fiel auf den tiefsten Stand seit Mai 2024. Im Börsenjahr 2025 steht mittlerweile ein Verlust von mehr als 17 % zu Buche. Wie schon am Vortag zählten die Papiere großer Chip-Hersteller zu den größten Verlierern. Der marktbreite S&P 500 rutschte ebenfalls um rund 6 % ab. Somit war der Wochenverlust der größte seit März 2020. Wir gehen im nächsten Marktupdate detailliert auf die Geschehnisse ein. Bis dahin gilt: nur nicht nervös machen lassen!

US-Präsident Donald Trump hat mit einer dramatischen Ankündigung die Wirtschaftswelt aufgeschreckt: Neue, teils drastische Zölle auf Importe sollen ab sofort gelten. Besonders die Europäische Union wird dabei mit einer Quote von 20 Prozent hart getroffen. Ein Basiszoll von zehn Prozent auf alle Importe in die USA soll ebenfalls greifen. Ökonomen und Finanzexperten schlagen Alarm. Doch wie weit ist Trump wirklich bereit zu gehen – und wer könnte ihn tatsächlich stoppen?

Eskalation auf der Weltbühne

Mit der Einführung von Autozöllen in Höhe von 25 Prozent auf Fahrzeuge und Autoteile im Wert von fast 600 Milliarden Dollar geht Trump aufs Ganze. Diese Zölle betreffen nicht nur Autoteile wie Motoren, Getriebe, Batterien und Reifen, sondern auch komplette Fahrzeuge. Überraschend ist, dass auch Computer auf der Liste stehen – eine Kategorie, die im Vorjahr einen Importwert von 138,5 Milliarden Dollar ausmachte.

Laut Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, scheinen “die 1930er Jahre zurück” zu sein. Das deutet auf eine Rückkehr zu wirtschaftspolitischen Isolationstendenzen hin, die in der Vergangenheit bereits verheerende Auswirkungen hatten. Auch der Ökonom Salomon Fiedler von der Berenberg Bank sieht in den Zöllen ein doppeltes Spiel: Trump wolle damit einerseits Druck auf Handelsverhandlungen ausüben, andererseits aber auch Einnahmen für den US-Fiskus generieren.

Auswirkungen auf Deutschland und Europa

Besonders besorgt sind Experten um die Exportnation Deutschland. Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), warnte vor erheblichen Einbußen. Studien zufolge könnten die deutschen Exporte in die USA um etwa 20 Prozent einbrechen. Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands könnte um bis zu 0,5 Prozent sinken. Das Münchner Ifo-Institut sieht ebenfalls große Gefahren. Lisandra Flach, Expertin am Institut, rechnet mit einem dauerhaften Rückgang des deutschen BIP um 0,3 Prozent. Besonders Branchen wie Pharma, Auto und Maschinenbau seien stark betroffen.

Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, spricht von einem „schlechten Tag für das Exportland Deutschland“. Nach seinen Berechnungen könnte das deutsche BIP aufgrund der neuen Zölle um ein halbes Prozent sinken. Krämer hofft auf Nachverhandlungen der EU, erwartet jedoch dennoch negative Auswirkungen.

(Darstellung aus der Software TradingView welche die Kursentwicklung nach Börsenschluss am 02.04.2025 während der Rede des US-Präsidenten Trump zeigt)

Globale Auswirkungen und die Reaktion der EZB

Die Sorge um die globale Wirtschaft wächst. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sieht in Trumps Zöllen eine Bedrohung für die weltwirtschaftliche Stabilität. “Falsch, weil im Ergebnis der Wohlstand aller angegriffen wird,” erklärte er. Die Preise steigen, das globale Wirtschaftswachstum wird zurückgehen und Unsicherheit bei Unternehmen und Investoren wird zunehmen.

Laut Nagel steht auch die Geldpolitik auf dem Prüfstand. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde ihre Zinspolitik neu bewerten müssen, während der Markt bereits auf eine mögliche Zinssenkung spekuliere.

Wie kann ein Fazit lauten – Trump am Scheideweg?

Trump hat sich mit seinen Zollmaßnahmen zwar Respekt bei protektionistischen Wählern verschafft, aber auch heftige Kritik von Experten und Politikern weltweit eingehandelt. Doch während die akademische Welt den Kurs der USA mit Sorge betrachtet, gibt es einen Machtfaktor, dem Trump weitaus aufmerksamer zuhören dürfte: Die Wall Street.

Die bisherigen Ankündigungen zu Strafzöllen haben bereits spürbare Verunsicherung an den Märkten ausgelöst. Aktienkurse, vor allem von Unternehmen im Tech-Sektor, reagierten empfindlich. Besonders brisant ist, dass diese Tech-Giganten zu den engsten Verbündeten Trumps gehören – viele ihrer Führungsfiguren standen gemeinsam mit ihm und seiner Familie bei seiner Amtseinführung auf der Bühne.

Es ist kein Geheimnis, dass Trump ein besonderes Verhältnis zur Wall Street pflegt. Eine Korrektur an den Finanzmärkten würde nicht nur die Wirtschaft insgesamt treffen, sondern auch seine politischen Ambitionen gefährden. Sollte es zu einem anhaltenden Rückgang kommen, ist es durchaus möglich, dass Trump seine Zollpolitik überdenken wird.

Letztlich wird die Wall Street, mit ihren immensen Einflussmöglichkeiten, Trump vermutlich eher zur Vernunft bringen als alle Appelle von Ökonomen oder Professoren, auf die er ohnehin selten hört. Es scheint, als ob die Märkte bald die Grenze dessen aufzeigen könnten, was Trumps Wirtschaftspolitik tatsächlich aushalten kann.


 

Hintergrundinformationen

Die US-Regierung hat ein neues Zollprogramm eingeführt, das als „reziproke“ Zölle bezeichnet wird. Die Höhe dieser Zölle variiert je nach Land und basiert auf deren bestehenden Zöllen auf US-Importe sowie nicht-tarifären Barrieren wie Mehrwertsteuer (VAT). Die USA erheben nun Zölle, die der Hälfte der von anderen Ländern angewandten effektiven Zollsätze entsprechen, jedoch mindestens 10 %. Der globale Basistarif von 10 % tritt am 5. April 2025 in Kraft, während höhere länderspezifische Zölle ab dem 9. April 2025 gelten.

Besonders betroffen ist China, das zusätzlich zu den bereits bestehenden 20 % Zollerhöhungen weiter belastet wird. Länder wie Großbritannien, Brasilien und Saudi-Arabien sind mit dem Basistarif von 10 % belegt, was als relativ moderat gilt. Länder mit höheren Zöllen werden jedoch deutlich stärker getroffen, wobei die Tarife in Einzelfällen um über 20 Prozentpunkte steigen.

Kanada und Mexiko sind von der Regelung ausgenommen, solange US-Bedenken zu Fentanyl und illegaler Einwanderung nicht gelöst sind. Für nicht-USMCA-konforme Waren gelten weiterhin 25 % Zölle (10 % bei Energie und Kali). Falls die Bedingungen erfüllt werden, könnte der Satz auf 12 % reduziert werden.

Ökonomen warnen, dass diese Zölle einen deutlichen Inflationsanstieg in den USA verursachen könnten, mit einer potenziellen Spitze von 4,0 % bis Ende 2025. Das Wirtschaftswachstum könnte unter 1 % fallen, möglicherweise schon Ende 2025 oder Anfang 2026. Dies stellt die Federal Reserve vor große Herausforderungen, da bereits drei Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte für 2025 erwartet werden.

Auch global wird ein deutlicher Einfluss erwartet. Länder, die mit dem 10 %-Basistarif belegt werden, wie Großbritannien, Brasilien und Saudi-Arabien, könnten relativ glimpflich davonkommen. Länder mit 20 % oder höheren Zöllen hingegen werden vermutlich starke wirtschaftliche Einbußen verzeichnen.

Für Investoren ist die Lage besonders unsicher. Die Ankündigung der Zölle hat bereits zu höherer Marktvolatilität, einem Rückgang von US-Aktienkursen und einem schwächeren US-Dollar geführt. Ein langfristiger Rückgang der globalen Wachstumsprognosen erscheint wahrscheinlich. Portfolios müssen nun flexibel und diversifiziert sein, um sich an die unsicheren Marktbedingungen anzupassen.


 

Was also tun?

  • Aktive Anlagestrategien und Diversifikation

Für Investoren bedeutet die aktuelle Situation vor allem, dass passives Investieren nicht mehr ausreicht. Der US-Markt ist in vielen globalen Indizes stark gewichtet, weshalb ein reines Index-Investment mit hohen Risiken verbunden ist. Stattdessen sollten Anleger verstärkt auf geografische Diversifikation achten und Regionen oder Branchen bevorzugen, die weniger von Handelskonflikten betroffen sind.

Außerdem sollte das Währungsrisiko berücksichtigt werden. Während frühere Krisen oft mit einem stärkeren US-Dollar einhergingen, zeigt sich aktuell ein anderes Bild. Die Schwäche des Dollars könnte anhaltend sein, da die bisherigen Stützpfeiler wie Wirtschaftswachstum, Zinssätze und Aktienmarktstärke bröckeln.

  • Schutz vor Inflation sicherstellen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit suchen Investoren häufig nach realen Werten. Gold, Rohstoffe und auch Strategien von Makro-Hedgefonds können helfen, Portfolios gegen Inflation abzusichern. Auch Aktienmärkte mit einem hohen Anteil an Energie- oder Versorgerwerten – wie der britische FTSE 100 – haben sich als stabil erwiesen.

  • Den Blick weiten

Die Reaktion auf die neuen US-Zölle wird sich erst über die kommenden Monate voll entfalten. Investoren sollten nicht überstürzt handeln, sondern abwarten und ihre Portfolios falls nötig in Ruhe an die neue Realität anpassen. Das bedeutet vor allem: aktive Strategien, breitere geografische Diversifikation und ein Augenmerk auf Inflationsschutz. In einem zunehmend fragmentierten Marktumfeld sind dies die Schlüssel, um erfolgreich zu investieren.