Seit fünf Jahren sprechen wir auf Money-Coaching.de über Gold.

Über ein Metall, das weder Zinsen abwirft noch Dividenden ausschüttet, und das dennoch seit Jahrhunderten Reichtum bewahrt. Über ein Anlagegut, das in Krisen verlässlich leuchtet, aber im Alltag oft vergessen wird. Und über die trügerische Ruhe, in der Anleger gerne glauben, Papiergeld sei so sicher wie das Versprechen, das es verkörpert. Immer wieder hat sich in dieser Zeit unsere Empfehlung bestätigt – nicht, weil Gold „steigt“, sondern weil die Kaufkraft der Währungen, gemessen am Edelmetall, schwindet. Mit jedem Jahr, in dem wir diese Entwicklung beobachten, wird deutlicher: Gold ist kein Spekulationsobjekt. Es ist ein Spiegel des Vertrauens. Und dieses Vertrauen bröckelt.

Der aktuelle Höhenflug des Goldpreises ist Ausdruck genau dieser tektonischen Verschiebung. Ende September 2025 nähert sich der Preis der Marke von 4.000 US-Dollar, nachdem er bereits im Vorjahr zweistellig zugelegt hatte. Wer noch vor zwei Jahren solche Werte prognostizierte, galt als Fantast. Heute revidieren Banken und Analysten reihenweise ihre Modelle. Manche, wie Goldman Sachs, halten 5.000 Dollar je Unze für denkbar – eine Marke, die vor kurzem noch jenseits jeder Vorstellung lag. Doch die Dynamik folgt keiner Laune des Marktes. Sie ist Symptom einer tieferliegenden Vertrauenskrise, die sich durch die Fundamente des globalen Finanzsystems zieht.

Über Jahrzehnte galt eine eiserne Regel: Wenn die Zinsen stiegen, fiel der Goldpreis. Es war die Zeit, in der Zinsen als Ausdruck wirtschaftlicher Stärke und fiskalischer Solidität galten. Heute ist davon wenig geblieben. In den Vereinigten Staaten, lange Hort vermeintlicher Stabilität, geraten die Dinge ins Wanken. Die Staatsverschuldung erreicht historische Höchststände, politische Blockaden lähmen den Haushalt, und selbst die Bonität des Landes wurde herabgestuft. Die Folge ist eine schleichende Erosion des Vertrauens in den Dollar. Institutionelle Investoren, die einst unerschütterlich in US-Anleihen vertrauten, beginnen umzuschichten – nicht in riskantere Wertpapiere, sondern in Vermögenswerte, die keiner Regierung und keiner Bilanz unterstehen.

Gold, das seit Jahrhunderten als neutrale Reserve gilt, erlebt eine Renaissance in den Portfolios großer Vermögensverwalter. Es ist bemerkenswert, wie still und unspektakulär diese Bewegung erfolgt. Noch vor wenigen Jahren war es fast verpönt, Gold als strategischen Baustein zu bezeichnen; heute fügen ihn selbst konservative Häuser wie Morgan Stanley wieder als festen Bestandteil ein. Das klassische 60/40-Portfolio – sechzig Prozent Aktien, vierzig Prozent Anleihen – hat seine Stabilität verloren. Stattdessen denken viele Strategen in neuen Gleichgewichten. Gold nimmt dabei jenen Platz ein, den Anleihen einst innehatten: als Gegengewicht zu Volatilität, als Versicherung gegen politische Eingriffe und monetäre Überdehnung.

Dabei folgt diese institutionelle Bewegung keiner kurzfristigen Mode. Sie entspringt der nüchternen Erkenntnis, dass die alten Zusammenhänge nicht mehr tragen. Der Dollar reagiert nicht mehr als sicherer Hafen, wenn Aktien fallen. Steigende Zinsen stützen nicht mehr die Währung, sondern erhöhen nur den Schuldendienst. Und die Anleihemärkte selbst sind kein Ort relativer Sicherheit mehr, sondern Schauplatz geopolitischer und fiskalischer Konflikte. In einem solchen Umfeld wird Gold nicht wegen seiner Rendite, sondern wegen seiner Unabhängigkeit gesucht.

Währenddessen stehen viele Privatanleger ratlos daneben. Sie beobachten den Anstieg des Goldpreises und wähnen sich zu spät. Doch diese Sichtweise verkennt den Charakter dieses Edelmetalls. Wer Gold kauft, kauft keine Zukunftsprognose, sondern Zeit. Es geht nicht darum, den Markt zu schlagen, sondern sich der Logik des Papiergeldsystems zu entziehen. In Euro gemessen erscheint Gold teurer denn je – in Wahrheit aber ist es der Euro, der schwächer wird. Der steigende Preis ist keine Übertreibung, sondern ein Maß für den schwindenden Wert der Währung.

Man kann es auch so formulieren: Gold ist die letzte Instanz des Vertrauens in einer Welt, in der Versprechen immer schneller entwertet werden. Staaten häufen Schulden an, Notenbanken senken Zinsen auf politischen Druck, Regierungen entdecken die Geldpolitik als Mittel der Fiskalpolitik. Was wir in den USA derzeit beobachten – der Versuch eines Präsidenten, die Unabhängigkeit der Federal Reserve zu beeinflussen, Personalentscheidungen durchzusetzen und Zinsschritte nach Wunsch zu erzwingen – erinnert beunruhigend an die 1970er-Jahre. Damals hob Richard Nixon die Goldbindung des Dollars auf, um neue Schulden aufzunehmen. Es folgte ein Jahrzehnt hoher Inflation, sinkenden Vertrauens und einer Goldrally, die erst bei 850 Dollar endete – ein Rekord, der inflationsbereinigt erst jetzt wieder erreicht wurde.

Institutionelle Investoren haben diese Parallelen erkannt. Sie handeln nicht aus Angst, sondern aus Erfahrung. Sie wissen: Wenn Zinsen zur politischen Variable werden, ist Stabilität nur noch eine Frage der Wahrnehmung. Gold dagegen bleibt, was es immer war – ein Wert an sich. Diese Einsicht treibt Milliarden in Gold-ETFs, steigert die physischen Zuflüsse und verankert das Edelmetall wieder als festen Bestandteil globaler Portfolios.

Privatanleger können daraus lernen. Nicht indem sie hektisch Preise jagen oder in jede Marktschwankung hinein- und herauskaufen, sondern indem sie die Haltung übernehmen, die institutionelles Kapital auszeichnet: Langfristigkeit, Risikobewusstsein, Demut gegenüber den Grenzen ökonomischer Steuerbarkeit. Gold ist kein Instrument des schnellen Gewinns, sondern der ruhigen Stabilität. Es belohnt Geduld, nicht Spekulation.

Dass der Goldpreis in Dollar oder Euro gemessen steigt, ist nur die sichtbare Seite einer tieferliegenden Verschiebung. Im Kern geht es um Vertrauen – in Geld, in Politik, in Ordnungssysteme. Wo dieses Vertrauen schwindet, wächst der Wert des Unveränderlichen. Gold, das niemand drucken, streichen oder neu bewerten kann, wird so zum Maßstab des Realen in einer Welt der relativen Werte.

Für uns als Beobachter dieser Entwicklung seit fünf Jahren ist die Lektion klarer denn je: Gold zu halten heißt, sich aus dem Spiel der Versprechen ein Stück weit herauszunehmen. Es bedeutet, die eigene Kaufkraft nicht in die Hände der Politik, sondern in die Logik der Knappheit zu legen. Institutionelle Investoren haben diesen Schritt längst vollzogen. Sie handeln nicht aus Nostalgie, sondern aus Notwendigkeit. Wer als Privatanleger klug handelt, sollte ihnen folgen – nicht, um reich zu werden, sondern um nicht arm gerechnet zu werden. Denn am Ende zeigt sich: Gold steigt nicht, weil es begehrt ist. Es steigt, weil das Vertrauen sinkt. Und Vertrauen ist das kostbarste Gut in jeder Währung.