Die Private-Equity-Branche strebt nach neuen Möglichkeiten, Kapital aus bislang verschlossenen Quellen zu gewinnen. Insbesondere die billionenschweren Rentensparpläne der USA, wie die beliebten 401(k)-Pläne, stehen dabei im Fokus. Mit der Aussicht auf die zweite Amtszeit von Donald Trump bereitet sich die Branche darauf vor, ihre Deregulierungsbestrebungen fortzusetzen, die während Trumps erster Amtszeit angestoßen wurden.
Ein Milliardenmarkt im Visier
Private-Equity-Fonds sind traditionell auf institutionelle Investoren und vermögende Privatpersonen beschränkt. Grund hierfür sind ihre typischen Eigenschaften: geringe Liquidität, hohe Fremdkapitalhebel und oft weniger Transparenz als bei klassischen Anlageprodukten. Die Branche erkennt jedoch in den steuerlich begünstigten Rentensparplänen eine immense Chance. Diese umfassen geschätzte Vermögen von 12 bis 13 Billionen US-Dollar, die bislang überwiegend in liquiden Indexfonds wie dem S&P 500 angelegt werden.
Marc Rowan, CEO von Apollo Global Management, sieht hierin eine ungenutzte Gelegenheit: „Die gesamte Altersvorsorge Amerikas hängt aktuell von der Performance weniger großer Aktien ab. Das ist weder diversifiziert noch nachhaltig“, erklärte er. Rowan plädiert dafür, private Kapitalmärkte für diese Anlegergruppe zu öffnen und so breitere Investitionsmöglichkeiten zu schaffen.
Der deregulierte Weg zu mehr Diversifikation
Die Grundlage für die aktuellen Bestrebungen wurde bereits 2020 gelegt. Unter Eugene Scalia, damals Leiter des Arbeitsministeriums und Sohn des verstorbenen Supreme-Court-Richters Antonin Scalia, wurde eine Regelung eingeführt, die private Kapitalanlagen in professionell verwalteten Fonds erlaubte. Diese Fonds, wie etwa „Target Date Funds“, bieten eine Mischung aus verschiedenen Anlageklassen und sind eine beliebte Wahl in Rentensparplänen.
Die Private-Equity-Branche will nun einen Schritt weitergehen: Der Fokus liegt darauf, es Rentensparern zu ermöglichen, direkt in Private-Equity-Fonds und ähnliche illiquide Produkte wie Immobilien oder Private-Debt-Investitionen zu investieren. Lobbyisten argumentieren, dass dies nicht nur den Zugang zu alternativen Renditequellen eröffnet, sondern auch die Diversifikation innerhalb der Portfolios verbessert.
Ein Vertreter der Branche erklärte: „Die meisten Anleger investieren nur in die etwa 4.000 börsennotierten US-Unternehmen, während es rund 25 Millionen private Unternehmen gibt, die enorme Wachstums- und Renditechancen bieten.“
Vorteile und Risiken für Anleger
Die Befürworter des Vorhabens sehen in der Öffnung der Rentensparpläne eine Möglichkeit, Privatanlegern dieselben Chancen zu bieten, die institutionellen Investoren seit Jahren zur Verfügung stehen. Insbesondere in Zeiten niedriger Renditen auf traditionelle Anlagen könnten Private-Equity-Investitionen eine attraktive Alternative darstellen.
Allerdings gibt es auch kritische Stimmen innerhalb der Branche. Einige Führungskräfte äußern Bedenken, ob Rentensparer ausreichend informiert sind, um zwischen seriösen Fonds und opportunistischen Anbietern zu unterscheiden. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, dass private Investitionen in solchen Plänen weiterhin durch Treuhänder oder professionelle Vermögensverwalter gesteuert werden sollten, anstatt den Anlegern eine direkte Auswahl zu überlassen.
Das politische Umfeld und die Herausforderungen
Die Rückkehr Trumps könnte die Deregulierung vorantreiben und der Branche Rückenwind geben. Bereits während seiner ersten Amtszeit wurde durch den damaligen SEC-Vorsitzenden Jay Clayton ein proaktiver Ansatz zur Förderung von Investitionen in Privatmärkte verfolgt. Clayton wechselte nach seiner Amtszeit zu Apollo, was die enge Verbindung zwischen Politik und Private-Equity-Branche unterstreicht.
Drew Maloney, Leiter des American Investment Council, der wichtigsten Lobbyorganisation der Branche, sieht in der neuen politischen Landschaft Chancen für weiteres Wachstum. „Wir streben ein regulatorisches Umfeld an, das sowohl kleine Unternehmen unterstützt als auch Privatanlegern mehr Möglichkeiten bietet“, sagte Maloney.
Doch es bleibt eine Herausforderung: Die Branche muss sicherstellen, dass der Zugang zu Privatmärkten nicht zu einem „Wilden Westen“ für unerfahrene Anleger wird. Die Gefahr von Fehlentwicklungen könnte das Image von Private-Equity-Fonds beschädigen – ein Risiko, das es zu vermeiden gilt.
Ein potenzieller Wendepunkt für private Anleger
Private-Equity-Fonds verzeichnen bereits ein wachsendes Interesse von wohlhabenden Privatanlegern. Im Jahr 2024 flossen Rekordsummen in diese Fonds, die höhere Renditen und Diversifikation in nicht börsennotierte Unternehmen bieten. Sollten Rentensparer in den USA zukünftig ebenfalls Zugang zu diesen Märkten erhalten, könnte dies den Anlagehorizont vieler Privathaushalte grundlegend verändern.
Die Deregulierungspläne der Branche haben das Potenzial, die Struktur des Rentensparens in den USA zu revolutionieren. Dabei bleibt entscheidend, dass die neuen Möglichkeiten mit ausreichenden Schutzmechanismen und Transparenz einhergehen. Für Anleger könnten sich damit langfristig neue Renditequellen erschließen – allerdings nur, wenn die Branche verantwortungsvoll handelt und die richtigen Rahmenbedingungen schafft.
Während Europa also mit dem Fondsstandard ELTIF bereits eine Antwort gegeben hat könnte in den USA noch ein viel größerer Markt auf Private Equity Investments warten.