Der Kapitalmarktstratege Philipp Vorndran, der im Marktupdate Februar noch detailliert über seine politische und wirtschaftliche Sicht Auskunft gegeben und Zuschauerfragen beantwortet hat, schaut nunmehr auf taumelnde Banken, auf Rettungsaktionen von Banken und Notenbanken in einer Art Notfallmodus. Gibt es Parallelen zur Finanzkrise 2008/2009?

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Herr Vorndran, ist das schon eine globale Bankenkrise? Oder handelt es sich noch um Einzelfälle – ausgelöst durch die Zinswende bei den US-Banken beziehungsweise durch Missmanagement bei der Credit Suisse?

Philipp Vorndran: Ich würde es “Kollateralschäden” nennen, auch wenn es ein wenig zynisch klingen mag. Die Inflationsbekämpfung der Notenbanken hat ihren Preis, das haben deren Vertreterinnen und Vertreter immer gesagt, allen voran Fed-Chef Jerome Powell.

Die Frage lautet: Wie hoch darf dieser Preis am Ende des Tages ausfallen?

Vorndran: Als konsequent. Anders als 2007/2008 erwecken alle Beteiligten den Eindruck, keinerlei Zweifel an der eigenen Handlungsfähigkeit aufkommen zu lassen. Damals ließ man Lehman Brothers pleitegehen, um ein Exempel zu statuieren. Heute werden binnen weniger Stunden die gesamten Einlagen einer mittelgroßen US-Bank garantiert. Insofern haben die Verantwortlichen aus der Finanzkrise gelernt. Zaudern und Zögern schaden.

Reicht das Eingreifen Ihrer Meinung nach, um auf Sicht der kommenden Wochen eine generelle Vertrauenskrise der Finanzbranche gegenüber zu verhindern?

Vorndran: Das wird die Zeit zeigen. Vertrauen ist der Schmierstoff unseres Finanzsystems. Trocknet es aus, drohen gewaltige Schäden. Insofern gilt es, einem Vertrauensverlust frühzeitig zu begegnen. Wir gehen – Stand heute – davon aus, dass sich die Probleme nicht zu einem Flächenbrand ausbreiten werden, eben weil die Notenbanken praktisch in Echtzeit signalisiert haben, als Retter in der Not bereit zu stehen – wie so oft in der jüngeren Vergangenheit. Was das für ihren Kampf gegen die Inflation und das Vertrauen in unser Geld und letztlich die Notenbanken selbst hieße, ist allerdings eine ganz andere Sache.

Was sind die wichtigsten Gemeinsamkeiten, was die Unterschiede zur globalen Finanzkrise 2008?

Vorndran: Gemein ist beiden Phasen der laxe Umgang mit potenziellen Risiken. Damals waren es mangelndes Verständnis und Gier nach überdurchschnittlich hohen Renditen bei vermeintlich überschaubarem Risiko, die komplexe Derivate versprochen haben – das Ergebnis ist bekannt. Die Probleme heute sind zynischerweise Ergebnis der jahrelangen Rettungspolitik der Notenbanken, also Ergebnis der Finanzkrise. Ein klassisches Moral-Hazard-Problem. Warum keine Risiken eingehen, wenn am Ende ohnehin irgendwer einspringt, um zu helfen? Der wichtigste Unterschied zu damals ist die bereits erwähnte Reaktionsgeschwindigkeit der Notenbanken und Regulierungsbehörden. Hinzukommt, dass die Kapital- und Liquiditätsausstattung der Banken heute deutlich besser ist als vor 15 Jahren.

Was bedeuten die Ereignisse für Ihren Marktausblick? Wo passen Sie Ihre Portfolios an, um bislang vielleicht zu wenig beachtete Risiken zu vermeiden? Und wo ergeben sich gegebenenfalls Chancen?

Vorndran: Sie bestärken uns in unserer Einschätzung, dass die Notenbanken am Ende sehr genau darauf achten müssen, wie groß die Schäden ihrer Geldpolitik ausfallen werden. Je eher sie im Kampf gegen die Teuerung von ihrem Kurs abweichen, umso schwieriger wird es, die Inflation einzufangen. Angesichts dessen braucht es langfristig erstklassige Sachwerte, vor allem Aktien guter Unternehmen, dazu Gold als Versicherung; wohl wissend, dass die Börsen in den kommenden Monaten nochmals deutlich unter Druck geraten könnten – das wären dann unseres Erachtens gute Einstiegsgelegenheiten. Einen großen Bogen machen wir nach wie vor um Aktien europäischer Universalbanken. Da ändern auch die Kursabschläge der vergangenen Tage nichts – deren bilanzielle Risiken lassen sich, wie wir finden, schlicht nicht seriös kalkulieren.

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